vom 02.02.2021

TRIO-Studie ist dem genetischen Fingerabdruck bei Krebserkrankungen im Kindesalter auf der Spur

Am Nationalen Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) haben neu an Krebs erkrankte Kinder und ihre Eltern im Rahmen der TRIO-Studie die Möglichkeit, ihren genetischen Fingerabdruck bestimmen zu lassen. Werden dabei bestimmte genetische Veränderungen festgestellt, profitieren die Patienten in Form daran angepasster Therapien oder Empfehlungen für eine intensivierte Vorsorge. Dies erhöht die Chancen auf ein gesundes Leben nach der Krebserkrankung. Auch die Krebsforschung profitiert von diesen Genanalysen: Sie bilden eine wichtige Grundlage dafür, bislang unbekannte genetische Veranlagungen für Krebserkrankungen im Kindesalter zu untersuchen und Strategien zur Vorbeugung zu entwickeln. Das NCT/UCC informiert anlässlich des Weltkrebstages am 4. Februar über die mit der TRIO-Studie verbundenen Chancen und Forschungsziele.

Das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen Dresden (NCT/UCC) ist eine gemeinsame Einrichtung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ), des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden, der Medizinischen Fakultät Carl Gustav Carus der TU Dresden und des Helmholtz-Zentrums Dresden-Rossendorf (HZDR).

Weit über 80 Prozent der Krebserkrankungen im Kindesalter lassen sich heutzutage heilen. Jedoch leidet die Mehrzahl der Patienten an mittelschweren bis schweren Spätfolgen intensiver Chemo- und Bestrahlungstherapien. Ziel der modernen Kinderonkologie ist es daher, die Patienten nicht nur zu heilen, sondern ihnen für die darauffolgenden Jahrzehnte ein gesundes Leben zu ermöglichen. Eine wesentliche Grundlage hierfür ist das Wissen um die genetische Prädisposition – das heißt um Veränderungen in den Genen, die entweder von den Eltern direkt vererbt wurden oder vor Geburt neu aufgetreten sind. Denn einige dieser genetischen Veränderungen beeinflussen nicht nur das Risiko, eine Krebserkrankung zu entwickeln, sie haben auch einen Einfluss darauf, wie der einzelne Patient auf eine Therapie anspricht und welche kurz- und langfristigen Nebenwirkungen zu erwarten sind.

„Wenn eine solche genetische Variante vorliegt, können wir die Therapie anpassen oder Empfehlungen für eine intensivierte Vorsorge aussprechen, um mögliche Zweiterkrankungen oder schwere akute oder langfristig Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen und positiv zu beeinflussen“, erklärt Prof. Julia Hauer, Leiterin des Bereichs Pädiatrische Onkologie und Hämatologie der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Carl Gustav Carus Dresden sowie Leiterin der Forschungsgruppe „Genetische Prädisposition“.

Der genetische Fingerabdruck des familiären Trios aus erkranktem Kind, Mutter und Vater liefert dem Forscherteam um Prof. Hauer zudem wichtige Informationen, um bislang unbekannte Genveränderungen auf einen möglichen direkten Zusammenhang mit der Krebserkrankung hin zu untersuchen. Das immer genauere Verständnis der genetischen Prädisposition wollen die Wissenschaftler unter anderem nutzen, um Strategien zur Vorbeugung von Krebserkrankungen im Kindesalter zu entwickeln. Dabei ist auch das Zusammenspiel mit externen Umwelteinflüssen wichtig. „Für Leukämien untersuchen wir beispielsweise, inwieweit Infektionen in Kombination mit speziellen genetischen Veranlagungen den tatsächlichen Ausbruch der Krebserkrankung begünstigen können. Bestimmte Impfungen könnten dann nicht nur gegen die jeweilige Infektion schützen, sondern zusätzlich eine präventive Wirkung gegen Krebs entfalten“, sagt Prof. Hauer. „Akute Leukämien sind die häufigsten Krebserkrankungen bei Kindern. Hier vorbeugend handeln zu können, wäre ein wichtiger Schritt für die Kinderonkologie“, betont Prof. Martin Bornhäuser, Mitglied im Geschäftsführenden Direktorium des NCT/UCC und Direktor der Medizinischen Klinik I des Uniklinikums Dresden.

Im Rahmen der TRIO-Studie wird ein bestimmter Teil des Erbguts („Exom“) analysiert, das Informationen über den Aufbau von Proteinen enthält – etwa 85 Prozent aller bekannten krankheitsverursachenden Erbgut-Veränderungen finden sich hier. Die Reihenfolge wichtiger Bausteine des Erbguts – der „Basen“ – zeigt bei jedem Menschen ein individuelles Muster, mit spezifischen Abweichungen. In seltenen Fällen können Veränderungen in der Basenabfolge die Wahrscheinlichkeit für die Entstehung von Krebs erhöhen oder das Therapieansprechen beeinflussen. Diese Veränderungen wollen die Wissenschaftler in der TRIO-Studie gezielt identifizieren.

Die Untersuchungen im Rahmen der TRIO-Studie können derzeit allen neu an Krebs erkrankten Kindern angeboten werden, die in der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Universitätsklinikums Dresden behandelt werden. Gut 90 Prozent der Betroffenen nutzen bislang das seit 2019 bestehende Angebot. Die genetische Untersuchung erfolgt immer auch bei den Eltern. Bei Nachweis einer relevanten genetischen Veränderung können auch gesunde Geschwisterkinder getestet werden. Über eine Kooperation steht eine Teilnahme auch Patienten des Klinikums Chemnitz offen. Ein ähnliches Angebot besteht am Universitätsklinikum Düsseldorf, wo Prof. Hauer bis 2019 tätig war.

Patienten anderer Standorte, die Interesse an der TRIO-Sequenzierung haben, können sich in der onkologischen Zweitmeinungs-Sprechstunde der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin des Uniklinikums Dresden vorstellen (Kinderonkologie Haus 65, dienstags 14-16 Uhr, Anmeldung: Frau Noack Tel. +49 (0)351 458-3522 oder -18134). Die genetischen Untersuchungen werden bislang nicht von den Krankenkassen finanziert, sondern durch Spendengelder des Sonnenstrahl e.V., des „Menschen für Kinder e.V.“, „Tour der Hoffnung“, „Mitteldeutsche Kinderkrebsforschung“ und der „Stiftung Hochschulmedizin Dresden“ ermöglicht. Aktuelle Planungen sehen aber vor, die TRIO-Sequenzierung künftig in die Leitlinien zur Behandlung kindlicher Leukämien aufzunehmen. Dann könnte die genetische Untersuchung deutschlandweit allen Betroffenen angeboten werden.

Zur Mitteilung steht ein Bild in druckfähiger Auflösung zur Verfügung:
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BU: Prof. Julia Hauer erforscht in der TRIO-Studie genetische Veränderungen, die eine wichtige Rolle bei Krebserkrankungen im Kindesalter spielen. © TU Dresden/Stephan Wiegand

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