Förderung neuer Proof-of-Concept-Studien
Förderung neuer Proof-of-Concept-Studien
Die NCT-Standorte Dresden und Heidelberg verfolgen eine gemeinsame Strategie, um neueste Forschungsergebnisse und technologische Fortschritte in die klinische Anwendung zu übertragen. Ziel ist es, die Prävention, Diagnose und Behandlung von Krebserkrankungen zu verbessern. Das Programm für kliniknahe Studien (Proof of Concept Trial Program) fördert den schnellen Transfer von wissenschaftlichen Erkenntnissen in die Klinik. Gefördert werden standortbezogene und standortübergreifende Forschungsvorhaben. Folgende Studien mit Beteiligung Dresdner Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler wurden in der aktuellen Förderrunde ausgewählt:
Response Prediction of Intraperitoneal Chemotherapy in gastrointestinal Cancer (Hi-STEP1)
Wenn sich ein Tumor im Bauchraum entwickelt, können sich bösartige Zellen dieses Primärtumors auch im Bauchfell ansiedeln. Eine solche „Peritonealkarzinose“ bei Magen- oder Darmkrebs reduziert die Lebensqualität und das Gesamtüberleben der Betroffenen deutlich. Zwar konnte gezeigt werden, dass eine systemische Chemotherapie das Überleben bei fortgeschrittenem Magen- und Kolonkarzinom mit Fernmetastasierung verlängert, jedoch profitieren Patientinnen und Patienten, welche an einer Peritonealkarzinose leiden, nicht im selben Maß von einer solchen systemischen Therapie. Dieses Phänomen wird auf die sogenannte „Peritoneum-Blut-Schranke“ zurückgeführt. Diese Schranke limitiert Nährstoff- und Sauerstofftransport und reduziert ebenso die Effektivität systemischer Chemotherapeutika. Um diese natürliche Schranke zu umgehen, kann zur Behandlung die Chemotherapie direkt in den Bauchraum appliziert werden. Diese als „hypertherme intraperitoneale Chemotherapie (HIPEC)“ bezeichnete Applikation wirkt somit direkt auf die Peritonealkarzinose und ist lokal auf die Bauchhöhle begrenzt. Für das Verfahren gibt es verschiedenste Protokolle, die sich hinsichtlich der Art und Konzentration der verabreichten Chemotherapie sowie der Dauer der Anwendung unterscheiden. Auch 30 Jahre nach Einführung der ersten HIPEC-Protokolle ist das Verfahren nicht standardisiert und erst recht nicht optimiert hinsichtlich einer patienten-individualisierten Behandlung.
In der Studie soll zunächst gezeigt werden, dass sich das Ansprechen der Patientinnen und Patienten auf eine Therapie mittels 3D-Tumormodellen (Organoiden), die aus patienteneigenen Zellen gezüchtet werden, korrekt vorhersagen lässt. Parallel dazu soll für jede Patientin und jeden Patienten ein Wirkstoffscreening an den patienteneigenen Organoiden durchgeführt werden, um die individuell beste Behandlung zu ermitteln. Im Falle positiver Ergebnisse sollen in einem geplanten zweiten Teil der Studie (Hi-STEP2) Patientinnen und Patienten auf Grundlage der Screening-Ergebnisse eine patienten-individuelle HIPEC erhalten, mit dem Ziel, das Therapieergebnis zu verbessern.
Hauptantragsteller:
- PD Dr. Dr. Daniel E. Stange (Dept. of Surgery, University Hospital Dresden)
- Prof. Dr. Martin Schneider (Dept. of Surgery, University Hospital Heidelberg)
Decision support by ClusterIng based on Similarity measures in precision Oncology of Neuroendocrine neoplasia and Sarcoma (DECISIONS)
Viele Krebsarten lassen sich mit einer zunehmenden Zahl möglicher systemischer Therapien behandeln. Meist fehlen jedoch objektive Kriterien, anhand derer sich die individuell beste Therapie für die Erkrankten auswählen lässt. Eine aufwändige Analyse der molekularen Eigenschaften des jeweiligen Tumors kann zwar einer immer größeren Anzahl von Patientinnen und Patienten angeboten werden, kommt bislang aber vor allem in späten Behandlungsstadien bei weit fortgeschrittenen Tumorerkrankungen zum Einsatz.
Die vorliegende Studie will diesen datenbasierten Ansatz zur Auswahl der individuell bestmöglichen Behandlung auf frühe Therapielinien übertragen. Hierzu werden basierend auf einem großen Datensatz von Patientinnen und Patienten aus dem DKFZ/NCT/DKTK MASTER-Programm Tumormerkmale für Gruppen von Erkrankten ermittelt und mit dem Ansprechen auf unterschiedliche Therapien in Verbindung gesetzt. Ein Ähnlichkeitsmaß zu diesen Gruppen soll dann die Therapieauswahl für neue Patientinnen und Patienten unterstützen.
Die Ergebnisse werden dem molekularen Tumorboard zur Verfügung gestellt, das sie für Therapieentscheidungen bei Patientinnen und Patienten mit frühen Stadien von Sarkomen und Neuroendokrinen Neoplasien nutzen kann. Untersucht wird u.a., ob sich hierdurch die Rate derjenigen Betroffenen reduzieren lässt, die nicht auf eine Therapie ansprechen. Künftig könnte das Konzept auf weitere Tumorarten ausgeweitet werden.
Hauptantragsteller:
- Dr. med. Simon Kreutzfeldt (Translational Medical Oncology, NCT Heidelberg, DKFZ)
- Dr. Daniela Richter (Translational Medical Oncology, NCT/UCC Dresden, DKFZ)
- Dr. Dr. Daniel Hübschmann (Computational Oncology, Molecular Diagnostics Program, NCT Heidelberg, DKFZ)
3D Navigation for Intraoperative Visualization of Tumor and Neurovascular Bundle for Safe Nerve-Sparing Surgery in Robot-Assisted Radical Prostatectomy [NAIV]
In höheren Tumorstadien des Prostatakarzinoms ist eine Therapieoption die vollständige chirurgische Entfernung der Prostata. Bei dieser Operation besteht für die betroffenen Männer das Risiko einer postoperativen Inkontinenz sowie Einschränkungen der Potenz. Um dieses Risiko zu reduzieren ist es möglich, die verantwortlichen Nerven, die auf der Prostatakapsel verlaufen, zu schonen. Bei dieser nervschonenden Operation besteht aber die Gefahr, dass Tumoranteile verbleiben und die Resektion nicht im gesunden Gewebe erfolgt. Daher ist es essentiell, den Tumor so vollständig zu entfernen, dass keine Tumorzellen am Schnittrand verbleiben. Intraoperative Schnellschnitte der Absetzungsränder erhöhen die onkologische Sicherheit, sind jedoch häufig mit einem erhöhten Blutverlust, einer längeren Operationsdauer und erhöhten Kosten verbunden.
Eine interoperative Visualisierung des Tumors mittels erweiterter Realität (augmented reality) könnte Schnellschnitte überflüssig machen, ohne die onkologische Sicherheit zu beeinträchtigen. Ziel ist es, ein Gewebe-Navigationssystem für robotergestützte Operationen zu entwickeln, das den Chirurginnen und Chirurgen während der OP – basierend auf präoperativen MRT- und Ultraschallbildern sowie histologischen Befunden – in Echtzeit eine 3D-Ansicht der Patientenanatomie generiert und in die Operationskonsole einblendet. Innerhalb der Phase-II-Studie soll gezeigt werden, dass die Navigation das onkologische und funktionelle Outcome der Patienten verbessert.
Hauptantragsteller:
- PD Dr. med. Stefan Propping; PD Dr. med. Angelika Borkowetz (Department of Urology, TU Dresden)
- Prof. Dr.-Ing. Stefanie Speidel, Dr.-Ing. Sebastian Bodenstedt (Department of translational oncological Surgery, NCT/UCC Dresden; DKFZ)
- Prof. Dr. med. Gustavo Baretton (Department of Pathology, TU Dresden)
Assessing the impact of LPRF, ASCs and basic FGF in wound healing after salvage surgery of the irradiated trachea in a porcine model
Etwa 16.000 Menschen erkranken in Deutschland jährlich an einem Kopf-Hals-Tumor. Die Strahlentherapie zählt zu den etablierten Behandlungsmethoden, insbesondere bei den HPV-positiven Oropharynxkarzinomen. Muss sich bei Therapieversagern oder in der Rezidivsituation eine Tumoroperation anschließen, können in dem bestrahlten Gewebe jedoch erhebliche Wundheilungsstörungen auftreten. Insbesondere bei der chirurgischen Beteiligung der Luftröhre kann es hierdurch zu schweren Komplikationen kommen.
Es gibt keine Leitlinien zur Verbesserung der Heilungseigenschaften von bestrahltem Gewebe, aber es gibt Studien, die sich mit den molekularen, zellulären und klinischen Auswirkungen einer beeinträchtigten Wundheilung sowie mit aktuellen und möglichen künftigen therapeutischen Ansätzen befassen. Zur Optimierung der Wundheilung kann unter anderem aus Eigenblut gewonnenes Fibrin dienen – angereichert mit weißen Blutkörperchen und Plättchen –, oder Wachstumsfaktoren oder körpereigene Stammzellen, die aus dem Fettgewebe gewonnen [leukocyte- and platelet-rich fibrin (LPRF), basic fibroblast growth factor (bFGF), autologours adipose tissue-derived stemm cells (ASC)] und an der betroffenen Stelle im Körper eingebracht werden. In der vorliegenden Studie soll dieser Ansatz im Tiermodell mit Mini-Schweinen untersucht werden. Diese werden zunächst bestrahlt und anschließend erfolgt ein trachealchirurgischer Eingriff mit einer Tracheaquerresektion und End-zu-End-Anastomose mit Implantation der o.g. Zusätze. Ziel der Untersuchung ist es, die Wundheilung in bestrahltem Gewebe bei Kopf-Hals-Tumoren zu verbessern und weitere Forschung in diesem Bereich anzuregen.
Hauptantragsteller:
- Prof. Dr. med. Dr. h.c. Thomas Zahnert (Dept. of Otorhinolaryngology, University Hospital Dresden)
- Prof. Dr. med. Dr. Esther Troost (Dept. of Radiation Oncology, University Hospital Dresden; HZDR)
- Dr. med. Max Kemper (Dept. of Otorhinolaryngology, University Hospital Dresden)
- Prof. Dr. med. Marcus Neudert (Dept. of Otorhinolaryngology, University Hospital Dresden)
- Dr. med. Andreas Püschner (Dept. of Otorhinolaryngology, University Hospital Dresden)
Drainless Robot-assisted Minimally Invasive Esophagectomy for esophageal cancer (RESPECT Trial)
Die minimalinvasive roboterassistierte Ösophagusresektion (RAMIE) ist eine besonders schonende Operationsmethode, die Schmerzen nach der Operation reduziert und dadurch eine schnellere Mobilisierung der Patientinnen und Patienten ermöglicht. Sie ist zudem mit weniger Wundinfektionen und Lungenfunktionsstörungen verbunden. Dennoch ist die Verwendung von Thoraxdrainagen für ca. 5-7 Tage nach der Operation zum Absaugen von während der Operation eingedrungener Luft und Flüssigkeit nach der operativen Entfernung der Speiseröhre weiterhin weltweit Standard. Für Lungenoperationen konnte bereits gezeigt werden, dass eine reduzierte Zahl an Drainagen und ihre schnelle Entfernung aufgrund reduzierter Schmerzen nach der Operation Vorteile für den Patienten bringt.
In der aktuellen Studie soll in der Klinik für Viszeral, Thorax- und Gefäßchirurgie am Universitätsklinikum Dresden (Direktor Prof. Dr. med. J. Weitz) und im NCT/ UCC Dresden in Kooperation mit der Klinik für Allgemein-, Viszeral- und Gefäßchirurgie in Heidelberg (Klinikdirektor Prof. Dr. med. M.W. Büchler) untersucht werden, welche Vorteile ein Verzicht auf längerfristige Thoraxdrainagen nach einer roboterassistierten minimalinvasiven Entfernung der Speiseröhre bringt.
In der Studiengruppe werden die Thoraxdrainagen bei komplett entfalteter Lunge und unauffälligem Röntgenbild bereits am OP-Tag 3 Stunden nach OP-Ende frühzeitig entfernt.
Hintergrund ist die Annahme, dass so postoperative Schmerzen noch deutlich stärker verringert, die Mobilisierung schneller erfolgen und der Krankenhausaufenthalt verkürzt werden könnte. Dies wäre ein deutlicher Fortschritt für die Patientinnen und Patienten und würde zudem die Kosten für das Gesundheitssystem senken.
Hauptantragsteller:
- Dr. med. Johanna Kirchberg (PI), Prof. Dr. med. Thilo Welsch, PD Dr. med, Benjamin Müssle, Dr. med. Felix Merboth (Department of Visceral, Thoracic and Vascular Surgery, University Hospital and Faculty of Medicine Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden)
- PD Dr. med. Torsten Richter, (Department of Anesthesia and Intensive Care, University Hospital and Faculty of Medicine Carl Gustav Carus, Technische Universität Dresden)
- Prof. Dr. med. Beat Müller-Stich, (Department of General, Visceral and Transplantation Surgery, Heidelberg University Hospital)